Pressekonferenz “Wen kümmerts? Who cares?”

Hürden auf dem Weg zur sozialen Absicherung und Verteilungsgerechtigkeit

Das NÖ Armutsnetzwerk lud anlässlich des Equal Care Day sowie des Internationalen Frauentages 2024 zur Pressekonferenz:

Donnerstag, 29. Februar 2024, 10 Uhr im Frauenzentrum St. Pölten: Heßstraße 4, 3100 St. Pölten

am Podium:

Barbara Bühler, NÖ Armutsnetzwerk
Martina Eigelsreiter, Büro für Diversität der Stadt St. Pölten
Barbara Seyrl, arbeit plus – Soziale Unternehmen Niederösterreich | fairwurzelt
Manuela Kräuter, Frauen für Frauen
Ronya Alev, Amnesty International

Die Themen, die sich oft als Hürden im Leben von Frauen erweisen, sind vielfältig. In der Pressekonferenz des NÖ Armutsnetzwerks richtet arbeit plus NÖ Vorstandsmitglied Barbara Seyrl | fairwurzelt, den Fokus konkret auf die strukturelle Benachteilung von Frauen im Kontext des Erwerbsarbeitsmarkte und hielt fest, welche Angebote es im Netzwerk Sozialer Unternehmen von arbeit plus gibt, die dem entgegensteuern:

Warum es weiterhin frauenspezifische arbeitsmarktpolitische Angebote braucht

Frauen sind am Erwerbsarbeitsmarkt nach wie vor strukturell benachteiligt. Ein wesentlicher Faktor ist hierbei die ungleiche Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit: Frauen leisten einen Großteil der unbezahlten Sorgearbeit, zu Lasten ihrer Beteiligung an bezahlter Erwerbsarbeit. Stereotype Rollenbilder führen nicht nur zu einer ungleichen Verteilung von Sorgearbeit, sondern auch dazu, dass Frauen überdurchschnittlich oft in schlecht bezahlten Berufen und unterdurchschnittlich häufig in Führungspositionen zu finden sind. Die Konsequenzen dieser Benachteiligung sind weitreichend: Weniger Einkommen, geringere sozial-staatliche Absicherung und ein höheres Risiko von (Alters-)armut. Um dem entgegenzuwirken, braucht es ein grundlegendes Umdenken. Arbeit muss neu definiert, bewertet und verteilt werden.

Soziale Unternehmen im Netzwerk von arbeit plus Niederösterreich unterstützen Frauen dabei, ihren Platz in der Arbeitswelt zu finden. Sie begleiten Frauen mit psychosozialer Beratung, eröffnen neue Perspektiven durch Berufsorientierungsangebote, ermöglichen es Frauen, sich in neue Berufsfelder zu wagen und ihre Kompetenzen in Form von befristeter geförderter Beschäftigung zu erproben und auszuweiten. Und sie bieten Qualifizierung an, die die Karrierechancen der Frauen entsprechend den aktuellen Bedarfen am Arbeitsmarkt und in den Regionen hebt.

Frauen, die zu fairwurzelt kommen, können hier mithilfe psychosozialer, prozessorientierter  Beratung dabei unterstützt werden, das Leben nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Hier lernen sie u.a. die Arbeit im Kräuteranbau und in der -verarbeitung kennen, sind wieder in einen Arbeitsprozess integriert, spüren Anerkennung und Wertschätzung. Dadurch werden ihre Einstiegschancen in den Arbeitsmarkt zu erhöht und Selbstermächtigung – etwa in Form von Pensionsvorsorge – ermöglicht, um ein Leben ohne Armut führen zu können

Barbara Seyrl, Projektleiterin fariwurzelt

Denn eine gute, gerecht entlohnte Arbeit zu haben, bedeutet auch mehr Selbstbestimmung und Unabhängigkeit. Zahlreiche der Frauen, die bei den Mitgliedseinrichtungen von arbeit plus – Soziale Unternehmen Niederösterreich Unterstützung dabei suchen, wieder am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, sehen sich mit Mehrfachbelastungen konfrontiert: strukturelle Benachteiligung etwa durch mangelnde Kinderbetreuungsangebote, traditionelle Rollenbilder aber auch individuelle Herausforderungen, wie etwa Alleinbelastung durch die Pflege von Angehörigen, Gewalterfahrungen oder Flucht-indizierte Traumata bedingen, dass es nach wie vor frauenspezifische Angebote braucht. Ein sicheres Umfeld ermöglicht es Frauen, Hemmnisse beim Einstieg in den Arbeitsmarkt abzubauen.

arbeit plus – Soziale Unternehmen Niederösterreich appelliert daher an die Entscheidungsträger:innen, frauenspezifische Angebote im arbeitsmarktpolitischen Kontext weiterhin zu unterstützen, zumal ihre Gleichstellungswirkung wissenschaftlich erwiesen und ihr Beitrag zum „Menschenrecht auf Arbeit“ insbesondere für Frauen vielfach bestätigt ist. Das Menschenrecht auf Arbeit umfasst auch das Recht, für gleiche Arbeit den gleichen Lohn zu bekommen. Auch an den in einer WIFO Studie identifizierten Interventionsfeldern zur Beschäftigungsintegration von Frauen in den NÖ Arbeitsmarkt, gilt es weiterhin zu arbeiten: ein Ausbau der Kinderbetreuung und eine Verbesserung der Mobilität,  die Unterstützung von Migrantinnen, um ihren Integrationspfad in den Arbeitsmarkt zu ebnen (etwa durch die Verbesserung von Bildungschancen), die Ausgestaltung von lebensphasenorientierten Arbeitszeitmodellen, u.v.m.

Es bedarf an:

  • Angeboten im arbeitsmarktpolitischen Kontext, die sich gezielt an Frauen richten
  • lebensphasenorientierten Arbeitsmodelle
  • Gleichstellung
  • der Schaffung adäquater Rahmenbedingungen, u.a. in Bezug auf Kinderbetreuung und Mobilität

Dafür setzt sich arbeit plus – Soziale Unternehmen Niederösterreich auch weiterhin – gemeinsam mit unseren Partner:innen im Armutsnetzwerk Niederösterreich und allen relevanten Stakeholdern – ein!

Quellen:
Bergmann, Nadja u.a., 2018: Gleichstellungswirkung von AMS-Angeboten (AMS und L&R Forschung) https://www.lrsocialresearch.at/sozialforschung/archiv-de/720-Gleichstellungswirkung+von+AMS-Angeboten
Bock-Schappelwein, Julia u.a., 2022: Integration von Frauen auf dem niederösterreichischen Arbeitsmarkt (WIFO und abif Studie) https://noe.arbeiterkammer.at/service/zeitschriftenundstudien/arbeitundwirtschaft/IntegrationvonFrauen_NOeArbeitsmarkt2022.pdf

Medienspiegel

NÖN, 29.2.24: NÖ Armutsnetz -„Equal Care Day“: Frauen sind von Armut besonders stark betroffen
ORF NÖ, 29.2.24: Frauen geraten häufiger in Armutsfalle
Newsletter der Armutskonferent: Wen kümmerts? Who cares?
Bezirksblätter, 29.2.24: Equal Care Day: Internationaler Frauentag in St. Pölten
noe ORF.at, 1.3.24: Kein Lohn: Frauen tappen oft in Altersarmut
heute.at, 3.3.24: Ungerecht! Care-Arbeit ist meist Frauensache