Zukunft gestalten – Arbeit finanzieren

Dynamiken am Arbeitsmarkt

Blicken wir ein Jahr zurück: Im Frühjahr 2023 konnten in Niederösterreich noch positive Zahlen in Sachen Arbeitslosigkeit – und insbesondere in Bezug auf Langzeiterwerbsarbeitslosigkeit – verzeichnet werden, mit minus 4,9 % im Vergleich zum Vorjahreswert 2022 wies NÖ im österreichweiten Vergleich den stärksten relativen Rückgang an Arbeitslosigkeit auf.

Im Frühjahr 2024 sieht die Sache schon wieder ganz anders aus: Vor dem Hintergrund der schwachen Konjunkturentwicklung wird bereits seit Herbst 2023 prognostiziert, dass die Arbeitslosigkeit 2024 steigen wird. Aktuell wissen wir: sie tut es auch – und zwar noch stärker, als erwartet: Per Ende März lag die Arbeitslosenquote in Niederösterreich bei 6,4% und somit 0,6 Prozentpunkte über dem Wert des Vorjahres. Zu den Zielgruppen Sozialer Unternehmen zählen insbesondere langzeitbeschäftigungslose Arbeitslose. Zählte Niederösterreich in der Vergangenheitzu den Vorreitern in Bezug auf die Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit, ist nunmehr eine Steigerung verfestigter Arbeitslosigkeit festzustellen: die Arbeitsmarktdaten des AMS vom März 24 weisen einen Anstieg um 4,4% im Vergleich zum Vorjahr auf.

Solche Dynamiken sind für uns als arbeit plus NÖ, das Netzwerk von 30 Sozialen Unternehmen, die durch Beratung, geförderte Beschäftigung und Qualifizierung Menschen dabei unterstützen, wieder am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, wenig überraschend. Viele der Mitgliedsvereine im Netzwerk haben ihren Ursprung bereits in den Initiativen der Experimentellen bzw. Aktiven Arbeitsmarktpolitik der 1980er und 1990er Jahre. Sie haben somit auch jede Menge Erfahrung mit im Gepäck, die zeigt, dass der Arbeitsmarkt dynamisch ist – heute mehr denn je, in Zeiten der Globalisierung und in einem derart spannungsgeladenen geopolitischen Umfeld. Die Erfahrung der vergangenen mehr als 35 Jahre zeigt auch: die Dynamiken des Arbeitsmarktes verlangen nach stabilen, regional verankerten Strukturen, die bei Bedarf Menschen dabei unterstützen, ihren Platz im regulären Arbeitsmarkt (wieder) einzunehmen.

Wirksamkeit Sozialer Unternehmen auf unterschiedlichen Ebenen

Zum einen ist das – besonders in Zeiten der Teuerung und Rezession – immens wichtig für die Betroffenen, um ihrer Armutsgefährdung und daraus entstehender mangelnder gesellschaftlicher Teilhabe entgegenzuwirken. Bei Menschen, die vom Arbeitsmarkt benachteiligt sind und sich sowohl mit strukturellen als auch persönlichen Hürden konfrontiert sehen, manifestieren sich diese Benachteiligungen auf psychischer, körperlicher und sozialer Ebene. Lange andauernde, verfestigte Arbeitslosigkeit beeinträchtigt die Handlungsmöglichkeiten der Betroffenen enorm. Sie nehmen sich nicht mehr als Teil der Gesellschaft wahr, was sich auch demokratiepolitisch als problematisch erweist. Mit einer Vermittlungsquote in den Arbeitsmarkt von durchschnittlich 35 % steuern Soziale Unternehmen diesen negativen Folgen von (Langzeit-)arbeitslosigkeit entgegen.

Zum anderen bieten Soziale Unternehmen auch wertvolle und wirksame Impulse für die wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Entwicklung: Momentan sind wir mit der paradoxen Situation konfrontiert, dass zeitgleich ein – u.a. demographisch bedingter – Arbeitskräftemangel bei gleichzeitig ansteigender Arbeitslosigkeit vorliegt. Das bedeutet: Unternehmen auf der einen Seite, die händeringend nach Mitarbeiter:innen suchen, und Arbeitsuchende auf der anderen Seite, denen es womöglich an Qualifikation, Stabilisierung ihrer momentanen Lage, etc. fehlt. Das Zusammenführen dieser beiden Seiten ist das, was die Sozialen Unternehmen im Netzwerk von arbeit plus NÖ perfekt beherrschen: Sie qualifizieren, räumen durch psychosoziale, prozessorientierte Beratung etwaige Hindernisse aus dem Weg, sie bieten einen Entwicklungsrahmen auf Zeit und heben Potentiale, etwa von Frauen oder der sogenannten „Stillen Reserve“… – in NÖ sind wir in der glücklichen Lage, bereits flächendeckende, regional gut verankerte Angebote entwickelt zu haben, insbesondere auch in strukturschwachen Regionen wie etwa im Waldviertel.

Beratungsstellen, Gemeinnützige Beschäftigungsprojekte, Sozialökonomische Betriebe und Qualifizierungseinrichtungen unterstützen potentielle Arbeitgeber:innen beim passenden Matching mit Arbeitsuchenden. Auf besondere Expertise seitens der Sozialen Unternehmen kann hierbei in Zukunftsbranchen wie der Kreislaufwirtschaft zurückgegriffen werden, zählen sie doch häufig zu den Pionier:innen in den Berufsfeldern, die heute unter „Green Jobs“ oder „klimarelevante Jobs“ firmieren, insbesondere im niederschwelligen Qualifizierungsbereich. Beispiele: Gesa (ökologisches Bauen & Sanierung); J.O.B (Wertstoffsammlung); unida / lebmit & bunttex / Luna / u.a. (Second Hand & Textil-Upcycling), u.v.m.

Darüber hinaus kooperieren Soziale Unternehmen mit regionalen Wirtschaftsunternehmen und übernehmen Lohnarbeiten, v.a. in der manuellen Fertigung und Verpackung. – Ein gerne angenommenes Angebot, besonders in Zeiten, in denen es bei Wirtschaftstreibenden zu Personalengpässen aufgrund des Arbeitskräftemangels kommt.

Zum „Tag der Arbeitslosen“ und im Vorfeld der Nationalratswahl

Im Vorjahr drohte ein Kahlschlag der Aktiven Arbeitsmarktpolitik in NÖ, der letztendlich durch das Ausschöpfen von Sondermitteln abgefedert werden konnte. Doch auch heuer sind Einsparungen zu erwarten.

„Derartige Einsparungen sind zu kurz gedacht,“ weiß Maria Nirnsee, Geschäftsführerin von arbeit plus NÖ aus ihrer langjährigen Erfahrung: „Werden hingegen Soziale Unternehmen finanziert, wird nachhaltig in die Zukunft von Menschen und in einen florierenden Arbeitsmarkt investiert.“ Demnach appelliert sie in Richtung der wahlwerbenden Parteien für die kommende Nationalratswahl im Herbst:

Soziale Unternehmen sind ein Booster für den Arbeitsmarkt und ein erprobtes Instrument gegen Langzeiterwerbsarbeitslosigkeit. Wer in Soziale Unternehmen investiert, investiert in einen zukunftsfitten Arbeitsmarkt. arbeit plus fordert eine längerfristig abgesicherte Finanzierung für Soziale Unternehmen – denn nur mit derartigen Rahmenbedingungen können Facettenreichtum und Diversität der regional gewachsenen und den Bedarfen der Gemeinden und ihrer Bewohner:innen angepassten, arbeitsmarktpolitischen Landschaft im Flächenbundesland NÖ erhalten bleiben!

Maria Nirnsee, Geschäftsführerin arbeit plus – Soziale Unternehmen Niederösterreich

Zudem braucht es ein Ansetzen an weiteren Hebeln, etwa im Bestreben gegen Mobilitätsarmut, den Ausbau adäquater Kinderbetreuungs- und Care-Angebote, Modelle alternsgerechten Arbeitens, v.a. für psychisch und physisch belastete Menschen, Gleichstellung von Frauen, u.v.m. – zum Tag der Arbeitslosen halten wir also fest: es liegt noch ein schönes Stück Arbeit vor uns, um „Gute Arbeit für Alle“ zu ermöglichen!

arbeit plus – Soziale Unternehmen Österreich hat dazu die Kampagne Zukunft gestalten – Arbeit finanzieren lanciert: