Alles Arbeit! – Das war das Arlt Symposium 2023

Installation "Willkommen im Schmiede Garten"

Letzten Mittwoch Früh schwirrte und wuselte es ganz ordentlich, im Foyer der FH St. Pölten. Man hatte fast den Eindruck, dass der Insekten-Futterautomat im Schmiede-Garten gut genützt und die fleißigen Bienchen bereits ausgeschwärmt waren!

Aber alles der Reihe nach: der Schmiede-Garten war in den Tagen zuvor in der Eingangshalle der Fachhochschule in der niederösterreichischen Landeshauptstadt erblüht. Transitmitarbeiter:innen und Schlüsselarbeitskräfte des Gemeinnützigen Beschäftigungsprojekts und Kooperationspartner:innen packten gemeinsam damit an, wenn es darum ging, Palettenbänke zu schleppen, dekorative Elemente sorgsam zu platzieren und eine Wohlfühl-Oase inmitten der FH zu gestalten. Daneben kämpfte das arbeit plus Niederösterreich Team mit einer Wäschespinne, die an den kommenden beiden Tagen als Infoständer für Job- und Praktikaangebote Sozialer Unternehmen dienen sollte, während ein andere Kolleg:innen sorgsam die feinsten Chutneys, Textilprodukte und Spezereien für die Verkaufsstände drapierten.

Pünktlich am Mittwoch, 20. September 2023, um 8:30 trudelten die ersten Gäste ein. Und es sollten viele werden! Rund 150 Besucher:innen pro Tag zählte die Veranstaltung und somit dürfen wir uns über reges Interesse und die Bestätigung, ein relevantes und spannendes Thema gewählt zu haben, freuen!

Der erste Symposiumstag startete mit interessanten Keynotes: Maria Anastasiadis | Universität Graz, zeigte Entwicklungslinien Sozialer Unternehmen im arbeitsmarktpolitischen Kontext zwischen Innovation und Vereinnahmung auf und erörtert sowohl förderliche als auch hemmende Faktoren, die Einfluss auf Soziale Innovation nehmen und zeigte auf, wie es Sozialen Unternehmen gelingen kann, mit innovativen Ansätzen zum gesellschaftlichen Wandel beizutragen.

Ganz besonders haben wir uns über den Beitrag von Charlotte Gruber | arbeit plus – Soziale Unternehmen Steiermark gefreut. Charlotte Gruber war langjähriges Vorstandsmitglied von arbeit plus Österreich, im Vorstand von arbeit plus Steiermark, Assessorin des Gütesiegels für Soziale Unternehmen und selbst Geschäftsführerin des Sozialen Unternehmens Safrangarten und vertrat auf europäischer Ebene die Interessen der österreichischen Sozialen Unternehmen in ENSIE. Im März 2022 schloss Charlotte an der Universität Wien das Studium Generale mit einer Masterarbeit zu einem arbeitsmarktpolitischen Thema ab. So aufgeschlossen, mit Weitblick und international wie ihre Erfahrungen war auch ihr Beitrag zum Arlt Symposium, in dem sie über Soziale Unternehmen im Spannungsfeld zwischen Welfare und Workfare sprach. Dabei spannte sie nicht nur einen breiten Bogen vom Arbeitsbegriff in der Antike bis ins Hier und Jetzt, sondern weitete auch unseren geographischen Horizont, von St. Pölten hinaus nach Europa!

Im Anschluss an die ersten Keynote-Beiträge konnten die Teilnehmenden an den Infoständen zahlreiche Soziale Unternehmen und Initiativen kennenlernen – eine Übersicht über die unterschiedlichen Angebote finden sich auch auf der Website des Arlt Symposiums – und aus der breiten Produktpalette Sozialökonomischer Betriebe und GBPs das eine oder andere ökologisch und sozial nachhaltige Souvenir zur Erinnerung an die inspirierende Tagung erstehen.

Gestärkt von einem hervorragenden Buffet sowie von Köstlichkeiten aus der Backwerkstatt des Amstettner Frauenprojektes unida ging es in einen intensiven Workshop-Nachmittag, an dem sich alles u.a. um betriebliche Sozialarbeit, um Arbeiten mit Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, das Spannungsfeld zwischen AMS und Sozialhilfe, Praxisberichte aus der Wohnungslosenhilfe, digitale Inklusion drehte.

Die erste Keynote am Nachmittag besfasste sich mit Nachhaltiger Erwerbsarbeit. Perspektiven aus den Sozialen Unternehmen (Clara Moder & Sabine Rehbichler | arbeit plus – Soziale Unternehmen Österreich). Erwerbsarbeit ist auch aus klimapolitischer Sicht relevant, wie Moder und Rehbichler betonten. „Die Inhalte und Organisation von Erwerbsarbeit tragen zu CO2-Emissionen bei, eine Re-Organisation von Arbeit ist in Hinblick auf die Eindämmung der Klimakrise dringend notwendig. Aber es ist nicht ausreichend, die Inhalte von Erwerbsarbeit ‚grün‘ zu gestalten. Vielmehr braucht es gute, an die Bedürfnisse der Menschen angepasste Arbeitsbedingungen, sowie Reflexion darüber, welche Tätigkeiten gesellschaftlich notwendig und ökologisch sinnvoll sind“, so Sabine Rehbichler, Geschäftsführerin von arbeit plus Österreich.

Soziale Unternehmen, die in der Kreislaufwirtschaft tätig sind, kombinieren laut Rehbichler und Moder diese Ansprüche bereits seit Jahrzehnten: „Sie tragen durch Tätigkeitsfelder wie Recycling, Re-Use und Reparatur zu ökologischer Nachhaltigkeit bei und bieten dabei Menschen, die bereits sehr lange von den sozialen Funktionen von Erwerbsarbeit ausgeschlossen waren, die Möglichkeit, wieder anzuknüpfen“.

Die begeisterten Reaktionen machten den Keynote-Beitrag von Karin Höllinger | Schmiede Zukunft und Arbeit zum – wie es die Moderator:innen Christine Haselbacher und Andreas Hallas so treffend ausdrückten – “Leutturm” Vortrag des Symposiums. Karin Höllinger inspirierte mit ihrem Beitrag Gemeinsam wachsen mit der Schmiede: Willkommen im Schmiede-Garten unter anderem auch deshalb, weil die oben erwähnte Installation “Willkommen im Schmiede-Garten”, den Beitrag so gut illustrierte und die guten Kooperationen und das, was gemeinsame Gartenarbeit im sozialarbeiterischen Kontext, bewegen kann, so treffend veranschaulichte.

Der 2. Tag des Arlt Symposiums “Alles Arbeit” startete mit einer Keynote zum Modellprojekt Arbeitsplatzgarantie Marienthal. Karmen Frena | AMS Niederösterreich und Maximilian Kasy | Universität Oxford stellten Umsetzung und Ziele des Modellprojektes MAGMA in Gramtneusiedel vor. „Das Programm hat sich sehr positiv auf die Teilnehmer:innen ausgewirkt. Das betrifft Aspekte wie Zeitstruktur, soziale Vernetzung oder Sinngebung. Dasselbe Einkommen ohne die garantierte Arbeit hätte nicht diesen Effekt. Das Programm hat zu einer starken Reduktion der Arbeitslosigkeit geführt. Und es war nicht so, dass die garantierten Jobs zu einer Verdrängung normaler Jobs am Markt geführt hätten“, berichtete Max Kasy, der für die Universität Oxford das Projekt wissenschaftlich begleitet und gemeinsam mit der Universität Wien evaluiert.

Eine weiterer Input am Vormittag beschäftigte sich mit sich verändernde Arbeitsbedingungen in der digitalisierten Sozialen Arbeit, in dem Sabine Klinger | Universität Graz Ergebnisse einer österreichweiten online Befragung mit Fachkräften präsentierte.

Nach ausgiebigem Austausch bei den Stationen und dem Mittagessen schwirrten die knapp 150 Teilnehmer:innen des 2. Symposiumstages wieder in unterschiedliche Workshops aus, deren Inhalte von Wirkungsmessung im Beratungskontext bis hin zu News Work Konzepten.

In einem weiteren Part sprach die Politologin Margit Appel abschließend zum Thema Arbeit und Bedingungsloses Grundeinkommen: „Im Umgang mit den Vielfach-Krisen – Demokratie-, Verteilungs-, Ökologie-, Sorgekrisen, – ist die Entwicklung eines neuen Verständnisses von Arbeit essentiell. Das bedingungslose Grundeinkommen ist ein wesentlicher Ansatz zur Vor- und Umverteilung. Ein existenzsicherndes, individuelles Grundeinkommen, das weder an den Nachweis von Bedürftigkeit noch den der Arbeitswilligkeit geknüpft ist – eben bedingungslos – eine wesentliche Voraussetzung für die partizipative Gestaltung des Wandels der Arbeitsgesellschaft“, so Appel.

Das Thema Grundeinkommen wurde u.a. auch in der abschließenden Fishbowl Diskussion aufgenommen. Auch zu befürchtende Einsparungen bei den Sozialen Unternehmen im arbeitsmarktpolitischen Kontext wurden hierbei angesprochen und der Ruf nach gemeinsamer Initiative laut.

Live-Eindrücke könnt ihr auf unseren Social Media Kanälen auf Facebook, Twitter, LinkeIn oder Instagram nachlesen und -schauen. Einige der Keynotes findet ihr auf unserem YouTube Kanal, eine Tagungsdokumentation auf der Website des Arlt Symposiums.


Wir bedenken uns sehr herzlich bei unseren Kooperationspartner:innen der FH St. Pölten, bei allen Referent:innen, den Morderator:innen, den Info- und Verkaufsstandbetreuer:innen und allen Teilnehmenden für die gute, gemeinsame Arbeit!

Holz-Ständer mit Infomaterialien (bunte Flyer, Folder, etc.) Sozialer Unternehmen im Netzwerk von arbeit plus NÖ beim Arlt Symposium 2023