Blaže Brajdić setzt sich als Projektleiter der BBE FAIR „Für Arbeit, Integration und Recht“ ein
Blaže Brajdić hat vor rund einem Jahr die Leitung der Beratungs- und Betreuungseinrichtung FAIR der Volkshilfe Wien übernommen. Anlässlich des „Langen Tages der Flucht“, der 2012 von UNHCR Österreich ins Leben gerufen wurde und auf das Schicksal geflüchteter Menschen hinweist, haben wir Blaže zum Interview gebeten.
Lieber Blaže, die BBE FAIR mit Standort in St. Pölten und weiteren mobilen Standorten in weiten Teilen Niederösterreichs unterstützt Migrant:innen dabei, sich in Österreich, insbesondere am Arbeitsmarkt, zurechtzufinden. Welche Angebote gibt es speziell für geflüchtete Menschen?
Grundsätzlich unterscheidet sich das Angebot für Geflüchtete nicht vom Angebot für andere Migrant:innen. Die BBE Fair informiert Menschen, die als anerkannte Flüchtlinge in Österreich ankommen, sowie subsidär Schutzberechtigte und andere Migrant:innen über Perspektiven am Arbeitsmarkt, über Anerkennung von Qualifikationen, rechtliche Aspekte, … auch darüber, wo sie Sprachkurse besuchen können, und vieles mehr. Wir bieten muttersprachliche Beratung in 27 (!) Sprachen an. Das kommt unseren Klient:innen sehr zugute.
Rund 70 % unserer Klient:innen sind aufgrund von kriegerischen Auseinandersetzungen oder Verfolgung in ihren Herkunftsländern nach Österreich gekommen. Erwerbsarbeit ist ein wesentlicher Schlüssel zu Integration, sozialer Teilhabe und Existenzsicherung. Ein rascher Arbeitsmarktzugang ist daher nicht nur für geflüchtete Menschen, sondern auch aus wirtschaftlicher und gesamtgesellschaftlicher Perspektive notwendig und sinnvoll. Die BBE FAIR steht als Soziales Unternehmen als Partnerin mit entsprechendem Knowhow bereit.
Viele unserer muttersprachlichen Berater:innen haben selbst Fluchterfahrung. Ihr eigenes Erleben und Verständnis in Kombination mit adäquater Weiterbildung ermöglichen es ihnen, auf Herausforderungen, mit denen sich Geflüchtete konfrontiert sehen, entsprechend einzugehen und mit psychosozialer Beratung unterstützen. Ein sensibler Umgang mit unseren Zielgruppen ist uns ein großes Anliegen. Nur so können Hindernisse, die einer Arbeitsaufnahme im Weg stehen, aus dem Weg geräumt werden.
Du bist schon lange im Bereich „Integration“ tätig. Was sind für dich die vorrangigen Themen, auf die du dich in deiner Rolle als Projektleiter von FAIR konzentrierst?
Neben aufenthaltsrechtlichen und psychosozialen Thematiken beschäftigt uns im arbeitsmarktpolitischen Kontext das gute Matching zwischen arbeitsuchenden Migrant:innen und Unternehmen. Wir konnten bereits gute Kooperationen mit Unternehmen, die in Zeiten wie diesen oft händeringend nach Mitarbeiter:innen suchen, aufbauen.
Dennoch gibt es Hindernisse: Zu uns kommen viele hoch bzw. gut qualifizierte Migrant:innen. Trotz guter Ausbildung ist es schwierig für sie, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen – und das bei einem eklatanten Fach- und Arbeitskräftemangel in Berufsfeldern wie Pflege, Bildung, u.a. Der Prozess der Anerkennung von bereits erfolgten Ausbildungen ist oft sehr langwierig und mühsam. Da braucht es schnellere Verfahren, damit Menschen rascher in den Arbeitsmarkt einsteigen und somit auch mehr Unabhängigkeit und gesellschaftliche Teilhabe erlangen können.
Ein weiteres wichtiges Thema ist der Zugang zu Spracherwerb. Deutschkurse müssen in ausreichender Menge und guter Qualität angeboten werden – auch in ländlichen Regionen. Sie sind der Schlüssel zu guter Integration. Insbesondere für ältere Arbeitsuchende sind ausschließliche online-Angebote nicht ausreichend. Gleichzeitig setzen wir uns aber auch für mehr digitale Inklusion von Migrant:innen ein.
Der Lange Tag der Flucht weist mit zahlreichen Veranstaltungen auf die Lebensrealitäten geflüchteter Menschen hin. Wo trifft man dich am 4. Oktober?
Am 4. Oktober findet man mich bei der Closing Party des Langen Tags der Flucht in der Brunnenpassage in Wien. Die Brunnenpassage war und ist ein großartiger Platz der Kulturen verbindet und es regelmäßig sehr gute Veranstaltungen gibt.
Vielen Dank, lieber Blaže, für das Interview und danke für eure engagierte Arbeit bei FAIR!
arbeit plus Themenpapier “Flucht & Integration in den Arbeitsmarkt!”
Erwerbsarbeit ist wesentlich für Integration, soziale Teilhabe und Existenzsicherung. Ein rascher Arbeitsmarktzugang ist daher nicht nur für geflüchtete Menschen, sondern auch aus wirtschaftlicher und gesamtgesellschaftlicher Perspektive notwendig und sinnvoll. Die Sozialen Unternehmen sind dafür wichtige Partner: Sie haben das nötige Knowhow, um geflüchtete Menschen auf ihrem Weg ins Erwerbsleben bestmöglich zu unterstützen. Um dies tun zu können, brauchen sie die passenden Rahmenbedingungen.
Mehr dazu lest ihr im arbeit plus Themenpapier: