„Wie schwer ist es…?“
– fragt TikToker Marvin Teufl in der Social Media Kampagne des AMS Niederösterreich, die es sich zum Ziel gesetzt hat, junge Menschen in Niederösterreich mit Ausbildungsbetrieben ideal zu „matchen“ und Jugendliche und junge Erwachsene beim Einstieg in ein erfüllendes Berufsleben zu unterstützen. Wirft man einen Blick auf die aktuellen AMS Zahlen und die Entwicklungen der letzten Jahre und Monate, so lautet die Antwort wohl: „Ganz schön schwer!“
Laut AMS Statistik hat die Zahl der arbeitslosen Personen im Oktober 2024 sowohl bei Frauen (+8,2% bzw. +1.456) als auch bei Männern (+7,0% bzw. +1.428) zugenommen. Ältere Personen ab 50 Jahre weisen ebenso eine Steigerung der Arbeitslosigkeit auf (+4,3% bzw. +605) wie Personen im Haupterwerbsalter (+9,2% bzw. +1.856). Am stärksten fällt der Anstieg der Arbeitslosigkeit bei Jugendlichen im Alter bis 24 Jahre mit einem Plus von 10,6% (auf 4.415 Personen) aus.
Was heißt das?
Jugendarbeitslosigkeit mindert die späteren Erwerbschancen und Lebenseinkommen deutlich und kann somit viele soziale Folgeprobleme verursachen. Organisationen im Netzwerk von arbeit plus – Soziale Unternehmen Niederösterreich – wie das Lehrlingscoaching und Job4You der Volkshilfe Niederösterreich, AVM St. Valentin des Verein SAUM oder Angebote des Verein Hebebühne richten sich explizit an Jugendliche und junge Erwachsene, aber auch bei allen weiteren Sozialen Unternehmen in unserem Netzwerk zeigt sich eine Tendenz zu einer zunehmend jünger werdenden Klient:innenschaft, die als langzeitarbeitslos gelten.
Angesichts der aktuellen – von anhaltender Konjunkturschwäche, Inflation und Wirtschaftseinbrüchen geprägten – Entwicklungen am Arbeitsmarkt und der andauernden Nachwirkungen der Pandemie, die besonders bei Jugendlichen noch stark zu spüren sind, weist arbeit plus – Soziale Unternehmen Niederösterreich auf den akuten Handlungsbedarf hin.
„Insbesondere für bereits benachteiligte junge Menschen hat sich der Berufseinstieg zusätzlich erschwert: Die Corona-Krise hat sowohl neue Herausforderungen, wie z.B. psychische Belastungen, mit sich gebracht als auch bestehende Probleme verstärkt – etwa beim Matching zwischen Lehrstellensuchenden und Unternehmen oder beim Übergang zu Anschlussperspektiven nach der schulischen Ausbildung,“ so Claudia Böberl vom Verein SAUM, der u.a. in St. Valentin Jugendliche und junge Erwachsene mit Minderung der Erwerbsfähigkeit oder Lernschwächen in den Bereichen Holz und Gastronomie qualifiziert. „Wir benötigen dringend mehr Personalressourcen für die Stabilisierung, Qualifizierung und das Matching, da die Beratungsleistungen gegenüber den Jugendlichen und auch deren Eltern immer mehr werden,“ berichtet SAUM-Geschäftsführerin Böberl aus dem konkreten Arbeitsalltag im Sozialen Unternehmen.
Was braucht es?
Aus den Erfahrungen arbeitsmarktintegrativer Angebote wissen wir: Es ist zwingend erforderlich, dass Jugendliche die Möglichkeit einer adäquaten Berufsausbildung haben. Nur so kann das Risiko auf eine prekäre Situation im Erwachsenenberufsleben eingedämmt werden. Es braucht einen niederschwelligen Zugang zu Beratung und Begleitung am Übergang zwischen Schule und Berufsleben. Neben der notwendigen Fortführung der vielen erfolgreich erprobten Instrumente zur Unterstützung von jungen Menschen, gilt es vorausschauend auch den Ausbau von Qualifizierungs- und Beschäftigungsangeboten in Zukunftsbranchen voranzutreiben: Green Jobs, digitale Inklusion, Gesundheits- und Sozialberufe.
Und auch die Wirtschaft, die händeringend nach (zukünftigen) Fachkräften sucht, ist gefragt! Denn oft sind die Anforderungen an junge Menschen, die eine Lehrstelle suchen, enorm: Erwartet wird neben Pflichtschulabschluss mit guten Noten, guten Umgangsformen und Berufsinteresse häufig eine große Bandbreite an zusätzlichen Qualifikationen. Bewerber:innen sollen zeitlich und örtlich sehr flexibel sein und möglichst keine persönlichen Probleme mitbringen. Diese Erwartungshaltungen spiegeln aber schlichtweg nicht die Lebensrealitäten der „Generation Corona“ wider.
„Stärken stärken, vertrauliche, qualifizierte Beratung und Begleitung und ein guter Austausch mit Unternehmen in den Regionen sind die erprobten Schlüssel zum Erfolg“, berichtet Thomas Fehr aus seiner tagtäglichen Arbeit für und mit junge/n Menschen. „Wir müssen die Jugendlichen dort abholen, wo sie stehen,“ weiß der Projektleiter vom Lehrlingscoaching und von Job4You der Volkshilfe Niederösterreich, der auch selbst als Berater tätig ist: „Neurodivergenz und Diversität etwa sind Themen, denen es auch seitens der Unternehmen offen zu begegnen gilt. Erwartungshaltungen müssen sich den Realitäten der jungen Menschen anpassen. Um Potenziale nutzen zu können, braucht es manchmal eine 2., oder sogar eine 3. Chance… Somit können wir gemeinsam dem Fachkräftemangel entgegenwirken und gleichzeitig Jugendlichen den Einstieg in ein selbstbestimmtes (Arbeits-)leben ermöglichen.“
Für Mädchen* und junge Frauen*, die sich häufig mit multiplen Belastungen konfrontiert sehen, braucht es spezielle Angebote. Denn Armutsgefährdung, psychische Herausforderungen, Folgewirkungen der Pandemie, … – kombiniert mit einem Arbeitsmarkt, in dem nach wie vor keine Gleichstellung herrscht und in einer Gesellschaft, in der sich Rollenklischees verfestigen, statt aufweichen – führen häufig zu Perspektivenlosigkeit. Auch hier setzen Soziale Unternehmen im Netzwerk von arbeit plus NÖ an: etwa mit dem youngFBZ EMMY! oder dem FiT Zentrum des Verein Hebebühne.
Um einen vielfältigen Angebotsmix, der Jugendliche dabei unterstützt, im Berufsleben Fuß zu fassen, weiterhin in ausreichender Qualität anbieten zu können, braucht es entsprechende Rahmenbedingungen: „Damit Jugendliche ihre beruflichen Wege finden und so Eigenständigkeit, soziale Teilhabe und Zukunftsperspektiven entwickeln können, brauchen sie Unterstützung. Soziale Unternehmen im Netzwerk von arbeit plus Niederösterreich verfügen über die nötige Expertise und kennen die regionalen Arbeitsmarktchancen. Um Berufseinsteiger:innen nachhaltig zu unterstützen, benötigen diese Sozialen Unternehmen ausreichende Finanzierung anstelle von drohenden Kürzungen und Planbarkeit, um den Bedürfnissen der Jugendlichen entsprechende Angebote weiterentwickeln zu können,“ weiß arbeit plus NÖ Geschäftsführerin Maria Nirnsee und appelliert für politische Prioritätensetzung und ressortübergreifende Schulterschlüsse, um adäquate Budgets zu ermöglichen, denn: „Wir müssen mit aller Kraft verhindern, dass sich durch die aktuellen geopolitischen und wirtschaftlichen Entwicklungen die Lebenschancen jüngerer Menschen nachhaltig verschlechtern.“

